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23.06.2012: Turing 100 - Bericht vom ersten Tag der Konferenz

Foto: Denkmal für Alan Turing in Manchester an seinem 100. GeburtstagHeute wäre der hundertste Geburtstag von Alan Turing, dem Mathematiker und Informatiker, der neben vielen bedeutenden Arbeiten mit dem Konzept der Turing-Maschine wesentliche theoretischen Grundlagen für die Entwicklung von Computern schuf.

Zur Feier von Turings Geburtstag findet derzeit in Manchester, England, die Konferenz Turing 100 statt, bei der viele bekannte Informatiker über Turing, seine Arbeit und deren heutige Bedeutung berichten. Ralf Kneuper nimmt an dieser Konferenz teil, hier sein Bericht vom ersten Tag:

"Nachdem ich das Programm für diese Konferenz gesehen hatte, war für mich klar, dass ich dort teilnehmen will: Es waren Vorträge angekündigt von Leuten wie Fred Brooks, Adi Shamir, Yuri Matijasevich, Don Knuth und Tony Hoare, also den Leuten, deren Namen ich im Studium immer wieder gehört und gelesen hatte. Und da Turing die letzten Jahre seines Lebens in Manchester gelebt hat, findet die Konferenz auch noch in Manchester statt, wo auch ich selbst einige Jahre gelebt, dort promoviert und mich immer sehr wohl gefühlt habe.

Die Tagung begann nun gestern mit einem öffentlichen Vortrag von Jack Copeland über "Alan Turing, Pioneer of the Information Age", in dem er einen interessanten und ansprechenden Überblick über Turings Leben und seine Arbeit gab. Ein Schwerpunkt dieses Vortrags lag auf Turings Arbeit als Kryptanalytiker im zweiten Weltkrieg, wo Turing einen wesentlichen Teil der Methoden entwickelte, mit denen England die geheimen Nachrichten der Deutschen zum großen Teil entschlüsseln konnte. Auch wenn jede Aussage darüber, wie der Krieg sonst ausgegangen wäre, natürlich reine Spekulation ist, ist doch eindeutig, dass das wesentlichen Einfluss hatte, insbesondere für den U-Boot-Krieg im Atlantik. Hier hatten die deutschen U-Boote vorher einen erheblichen Teil der amerikanisch-englischen Konvois versenkt, mit denen der Nachschub für England sowie die amerikanischen Truppen dort geliefert wurde.

Foto: Vint Cerf Die Vorträge heute begannen mit Vint Cerf, der u.a. die Architektur des Internet in den 70er Jahren mitentwickelt hat und heute als "Vater des Internets" gilt. Auch wenn der Bezug zur Arbeit Turings in diesem Fall eher lose war, war sein Vortrag über "Turing's Legacy in the Networked World" ein spannender und gut präsentierter Überblick über die Entwicklung des Internets bis hin zu einem Ausblick auf Kommunikation und Vernetzung bei der Raumfahrt, wo die bisherigen Ansätze von TCP/IP etc. wegen der großen Entfernungen und der dadurch entstehenden Verzögerungen nicht mehr funktionieren.

Der nächste Vortrag war von Michael Rabin, wie Vint Cerf ein Träger des Turing-Preises, dem "Nobel-Preis für Informatiker". Rabins Vortrag beschrieb einige Aspekte von Berechenbarkeit, insbesondere auch probabilistischer Ansätze für Berechenbarkeit.

Foto: Yuri Matijasevic Auf den nächsten Vortrag war ich besonders gespannt, denn der Satz von Matijsevic zur Lösung von Hilberts 10. Problem war schon ein wesentliches Thema meiner Diplomarbeit. Sein Vortrag "Alan Turing and Number Theory" beschäftigte sich allerdings (fast) nicht mit diesem Thema, sondern mit der Arbeit von Turing zur Zahlentheorie, speziell zur Riemannschen Vermutung. Diese besagt, dass der Realteil der nicht-trivialen Nullstellen einer bestimmten komplexwertigen Funktion, der Riemannschen Zetafunktion, immer ½ beträgt. Dies ist eines der bedeutendsten ungelösten Probleme der Mathematik, das schon in der berühmten 1900 von Hilbert veröffentlichten Liste der Jahrhundertprobleme enthalten war. Turing versuchte, durch Berechnung der Nullstellen ein Gegenbeispiel zu finden, zuerst mit einer mechanischen Maschine. Diese Arbeit musste er dann aber wegen des zweiten Weltkriegs abbrechen. Später nutzte er den in Manchester entwickelten elektronischen Computer (dies war der erste elektronische Computer weltweit, bei dem das Programm in den Speicher geladen wurde) für den gleichen Zweck. Auch wenn er mit der damaligen Technologie nicht sehr weit kam, war der Ansatz doch sehr erfolgreich und wesentliche Teile davon werden auch heute noch genutzt.

In den nächsten Tagen werde ich auch über die weiteren Vorträge berichten.

Übrigens werden die Vorträge der Konferenz auf der Webseite der Konferenz gestreamt und sollen demnächst auch zum Herunterladen bereit gestellt werden. Es lohnt sich sicher, diese Vorträge anzuhören.

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