Messung und Bewertung von Prozessqualität mit Gokyo Ri
Sie wollen die Qualität Ihrer Arbeitsprozesse messen und bewerten, um z.B. zu sehen, ob Verbesserungsmaßnahmen wirklich etwas gebracht haben?
Es gibt zwar viele Standards zur Verbesserung der Arbeitsprozesse und deren Qualität, beispielsweise ISO 9000, CMMI oder ITIL. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass das Objekt dieser Aktivitäten, die Prozessqualität, dabei vage bleibt und nur implizit oder oberflächlich definiert ist.
Aus diesem Grund wurde das Modell Gokyo Ri entwickelt, das die Qualität von Prozessen in Merkmale und Teilmerkmale herunter bricht und damit eine Grundlage für die Messung und Bewertung der Prozesse bereitstellt, die auf alle Arten von Prozessen anwendbar ist.
Woher kommt der Name des Modells? Gokyo Ri ist ein Berg (genau genommen der Vorgipfel auf dem Berg Gokyo) im Himalaya, von dem aus man eine großartige Aussicht in alle Richtungen hat. U.a. kann man von dort vier Achttausender sehen, einschließlich des Mt. Everest.
Dabei ist der Gokyo Ri ein anspruchsvolles, aber von einem Gesunden mit etwas Geduld und Ausdauer durchaus erreichbares Ziel, denn man kommt mit Trekking auf den Gokyo Ri, ohne Bergsteigen oder Klettern. Gerade so, wie eine gute Sicht auf die hoffentlich hohe Prozessqualität ein anspruchsvolles, aber erreichbares und lohnendes Ziel für ein Unternehmen ist.
Beim Innovationspreis-IT der Initiative Mittelstand wurde Gokyo Ri in der Kategorie Consulting mit dem Prädikat "Best of 2012" ausgezeichnet. Aus der Zertifikatsurkunde: "Dieses ausgezeichnete Produkt hat die Jury besonders überzeugt und gehört damit zur Spitzengruppe aus über 2500 eingereichten Bewerbungen."
Das Modell Gokyo Ri
Eine frühe Version des Modells Gokyo Ri, wenn auch noch nicht unter diesem Namen, wurde bei der GI-Jahrestagung 2011 vorgestellt, siehe [1]. Die Präsentation [2] sowie der Artikel [5] stellen eine Fallstudie vor, in der ein ähnlicher Ansatz wie Gokyo Ri für die Messung und Bewertung der Qualität von Prozessen im IT-Servicemanagement genutzt wurde. Unter anderem aus dieser Anwendung ist das Modell Gokyo Ri entstanden. Eine aktuelle Beschreibung des Modells ist in [3] zu finden. Artikel [6] schließlich erläutert die Nutzung von Gokyo Ri zur Prozess-Governance als Bestandteil der IT-Governance.
In Gokyo Ri wird der Begriff der Prozessqualität in folgende Merkmale und Teilmerkmale heruntergebrochen:
- Prozessziele und -anforderungen
Sind die Prozessziele und -anforderungen eindeutig geklärt, beispielsweise in Form von Vereinbarungen mit den Prozesskunden, anderen Beteiligten (Stakeholdern) und dem sonstigen Umfeld? Zugehörige Teilmerkmale sind:- Vereinbarungen und Zusagen
- Unterstützung der Geschäftsziele und definierte Einbettung in Prozessumfeld
- Prozessmodellierung
Ist der Prozess angemessen modelliert? Dies wird über die "Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung" [4] beschrieben, mit einer Ergänzung:- Grundsatz der Richtigkeit
- Grundsatz der Relevanz
- Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
- Grundsatz der Klarheit
- Grundsatz der Vergleichbarkeit
- Grundsatz des systematischen Aufbaus
- Quantitative Modellierung
- Wirksamkeit
Entsprechend ISO 9000:2005 wird die oft auch als Effektivität bezeichnete Wirksamkeit definiert als "Ausmaß, in dem geplante Tätigkeiten verwirklicht und geplante Ergebnisse erreicht werden". Teilmerkmale der Wirksamkeit sind- Ergebnisqualität
- Kundenzufriedenheit
- Mitarbeiterzufriedenheit
- Geschäftsnutzen
- Effizienz
Ebenfalls entsprechend ISO 9000:2005 wird die Effizienz definiert als "Verhältnis zwischen dem erreichten Ergebnis und den eingesetzten Ressourcen". Teilmerkmale sind- Produktivität
- Wiederverwendung, Recycling und Automatisierung
- Prozessfähigkeit
ist gemäß ISO 9000:2005 definiert als "Eignung … zum Realisieren eines Produkts, das die Anforderungen an dieses Produkt erfüllt".
Teilmerkmale sind- Fähigkeitsgrad
- Prozessstabilität
- Statistische Prozessfähigkeit
- Konformität
ist gemäß ISO 9000:2005 definiert als die "Erfüllung einer Anforderung", wobei in diesem Zusammenhang nach unterschiedlichen Arten von Anforderungen unterschieden wird:- Einhaltung der Prozessanforderungen
- Konformität zum intern festgelegten Prozessmodell oder Sollprozess
- Änderbarkeit
Wie einfach oder schwierig ist eine Änderung des Prozesses, unterschieden nach verschiedenen Arten von Änderungsgründen:- Anpassbarkeit
- Skalierbarkeit
Vorgehensweise zur Nutzung des Modells
Um das Modell Gokyo Ri erfolgreich einzusetzen,
benötigt man eine entsprechende Vorgehensweise zu seiner Anwendung und
Nutzung. Dabei soll im Folgenden nur das wichtigste Anwendungsszenario
betrachtet werden, nämlich die initiale Bewertung und laufende
Überwachung der Prozesse und ihrer Qualität.
Für dieses Szenario ist folgende Vorgehensweise angemessen:
- Klärung der Rahmenbedingungen und der Aufgabenstellung: Welcher Prozess soll bzw. welche Prozesse sollen bewertet werden? Wie oft soll die Bewertung durchgeführt werden, und wofür soll sie genutzt werden?
- Auswahl der im betrachteten Umfeld wesentlichen Qualitätsmerkmale und Teilmerkmale aus dem Modell
- Identifikation und Definition geeigneter Kennzahlen für diese ausgewählten (Teil-) Merkmale
- Einführung der Kennzahlen und erste Sammlung von Messdaten
- Aufbauend auf diesen Messdaten in Kombination mit den Geschäfts- oder Prozesszielen Definition geeigneter Zielwerte für diese Kennzahlen, beispielsweise durch Mindest- bzw. Höchstwerte für eine Rot/Gelb/Grün-Bewertung.
- Periodische, z.B. monatliche, Erhebung der Messdaten, Analyse mit Hilfe der Zielwerte und Berichterstattung über die erreichte Prozessqualität
- Nach Bedarf Verbesserung der Prozesse und Überwachung des Erfolgs mit Hilfe der definierten Messungen
- Nach einiger Zeit, beispielsweise einem Jahr, Überprüfung und nach Bedarf Anpassung der Messungen und der Zielwerte.
Sie sind interessiert?
Nehmen Sie mit mir Kontakt auf. Ich werde Sie gerne bei der Nutzung von Gokyo Ri unterstützen.
Literatur
[1] Kneuper, R.: Was ist eigentlich Prozessqualität?
[2] Kneuper, R.: Qualität von IT-Serviceprozessen: Eine Fallstudie
[3] Kneuper, R.: Gokyo Ri: Messung und Bewertung der Qualität von Entwicklungsprozessen am Beispiel des V-Modell XT
[4] Becker, J.; Rosemann, M.; Schütte, R.: Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung. Wirtschaftsinformatik 37, 1995, S. 435-445.
[5] Kneuper, R.: Messung der Qualität von ITSM-Prozessen — Eine Fallstudie.
[6] Kneuper, R.: Messung und Bewertung von Prozessqualität – Ein Baustein der Governance